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FREUD Schlomo Sigmund* 06.05.1856 Freiberg + 23.09.1939 LondonFrancesco Marchioro
Akademische BiographieFreud wurde in Freiberg geboren (heute Pribor, Tschechien) und wuchs in Wien auf, wo er auch das Gymnasium und das Universitätsstudium der Medizin besuchte. 1881 promoviert er in Medizin, 1882 veröffentlicht er den Fall von Anna O. (zusammen mit J. Breuer); 1895 findet seine Ernennung zum Privatdozenten statt; 1885-1886 besucht er die Seminare bei Charcot, in Paris; 1886 eröffnet er seine Praxis der Psychoanalyse; 1899-1900 veröffentlicht er „Die Traumdeutung“; 1902 erfolgt die Ernennung zum Professor „Extraordinarius“ und es beginnen die Psychologie Abende an jedem Mittwoch, in der Berggasse Nr. 19; 1905 erscheinen die „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“; 1908 entsteht das Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen; 1911 werden die „Psychoanalytischen Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (Dementia paranoides)“, herausgegeben; es folgt der Bruch mit C. G. Jung; 1915- schreibt er die „Metapsychologie“; 1919 erscheint „Das Unheimliche“; 1921 schreibt er “Massenpsychologie und Ich-Analyse“; 1929 erscheint „Das Unbehagen in der Kultur“; 1934-1938 folgen „Der Mann Moses und die monotheistische Religion“: Drei Abhandlungen; 1938 kommen die Nationalsozialisten nach Wien; Freud setzt sich nach London ab, wo er im Jahr darauf stirbt. Charakterisierung der Werke Freuds Neuerung auf dem Gebiet der Psychologie und des Wissens im allgemeinen hat die Art des Denkens, der Betrachtung der Dinge sowie der Wahrnehmung der menschlichen Ereignisse revolutioniert. Die Psychoanalyse, als anthropologische Methode, ist wie ein sehr scharfes Mikroskop, das uns ermöglicht, zu verstehen, wie der Geist arbeitet. Freud entdeckt unbekannte Aspekte der Persönlichkeit, die nicht dem Bewußtsein angehören, die jedoch gleichzeitig unsere Verhaltensweise, die Gedanken, die Handlungen, die Phantasien, also das geistige Leben des Einzelnen bedingen, sei es, dass dieser alleine ist, sei es, wenn er in einer Beziehung zu anderen Menschen steht. Es handelt sich somit um Aspekte, die den Aufbau der Gesellschaft bedingen, man denke dabei an Ödipus, an den zentralen Kern für den Aufbau des Geisteswesens und auch des Familien- und Sozialwesens. Von Freuds Neuerungen heben wir im besonderen zwei Aspekte hervor: den Traum und das Unbewußte, die Übertragung und das Setting. Die unbekannten Bereiche werden von Freud als das Unbewußte bezeichnet, und „unbewußt“ ist ein dynamischer Begriff. Das Unbewußte ist nämlich nicht mehr nur etwas, das verdrängt wird, es ist vielmehr als Hüter einer Beziehung anzusehen, welche das Kind unter dem Druck seiner Wünsche aufbaut, auf der Basis dessen, was ihm seine Umwelt (im besonderen) seine Mutter vermittelt, in Bezug auf seine Wünsche und Ängsten und aufgrund seiner inneren Anlagen, die genetisch festgelegt sind. Das Unbewußte findet seinen besonderen Ausdruck nicht nur in dem sprachlichen Lapsus, in geistreichen Äußerungen oder Fehlleistungen, sondern auch in den Mythen, in Legenden, in der Dichtung und im Traum. So wird aus dem Traum, also aus einem zufälligen Vorgang, der einzig der Deutung von seiten der Menschen auf Straßen und Märkten in Athen, anvertraut war, die „Via regia zur Kenntnis des Unbewußten im Seelenleben“ (Freud S., „Die Traumdeutung“, GW. II, III, S. 613). Dennoch finden die freudsche Theorie des Traumes (Ebd., “Die Traumdeutung“, GW. II, III, S. 166) als „die (verkleidete) Erfüllung eines (unterdrückten, verdrängten) Wunsches“ sehr bald, mit Melanie Klein, eine Überarbeitung beziehungsweise eine Erweiterung, weshalb der Traum zum Ausdruck innerlicher Vorstellungen wird. Die Entschlüsselung sowie die Deutung eines Traumes wird, dank dem von Freud ausgearbeitete Übertragung, möglich gemacht. Ist die Übertragung für den Wiener Meister ausschließlich die Wiederholung in der Gegenwart eines Vorganges in der Vergangenheit, so ist es heute für uns auch oder vielleicht überhaupt die Übertragung in die Gegenwart einer inneren Dynamik, von inneren Vorstellungen auf die Figur des Analytikers. Die Übertragung ist die Projektion von umfassenden Elementen der Persönlichkeit des Patienten sowie der des Analytikers, im Bereich der Analyse. Die Arbeit mit dem Unbewußten und die Übertragung- Beziehung erfordern eine Zeit und einen Ort, der sich Setting nennt, in welchem, ausgehend von Freud, eine Art sakraler Athmosphäre entsteht: der Analytiker verliert gewissermaßen seine menschlichen Züge und wird zum Symbol von immer verschiedenen Personen, die eine Bedeutung im Leben des Patienten haben. In diesem Wiedererleben und Wiederinszenieren von vergangenen Erfahrungen, hat der Traum seine Rolle als geschichtliches Gedächtnis, er wird zu einer Brücke zwischen den früheren, auch tragischen Erfahrungen, und den zeitlichen, die im Setting, durch die Übertragung aktiviert werden. Würdigung und Wirkung Freud ist ein besonderer Gelehrter, der volkstümliche Kenntnisse, humanistisches Wissen und medizinische Lehren vereint hat, um ein Wissen aufzubauen, bei dem der Mensch sowohl Subjekt als auch Objekt der Forschung sein sollte. Seine Lehre bleibt ein „offenes Werk“, und gerade wegen dieser seiner Besonderheit sind die Widerstände immer sehr aktiv, wie die ständigen Angriffe gegen seine Wissenschaftlichkeit und seine Wirkung beweisen. Wahr ist, dass auch Freuds Lehre, wie alle anderen Lehren, einmal eine Veränderung erfährt oder überholt erscheint, doch fragen wir uns: ist Freud noch ein Zeitgenosse von uns, oder hat der zeitgenössische Mensch die Welt der Psyche verloren, deren Freud Meister und Vermittler ist? Bozen, September 2007 © Werke und Literatur
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